Um unsere Pferde gesund zu erhalten, müssen wir in vielen Bereichen umdenken, auch was die Hufbearbeitung angeht.
Solange die Zusammenhänge zwischen der zum Teil herrschenden katastrophalen Hufzustände und der weitreichenden und ausufernden Probleme von Lahmheiten, Bewegungsanomalien, sogenannten Stellungsfehlern, Leistungsschwächen, Rittigkeitsproblemen u.v.m., nicht erkannt werden, solange wird sich für die Pferde nichts ändern.
Das Pferd hat sich über Jahrmillionen an unterschiedliche Futter-. Klima- und Landschaftsbedingungen angepasst. Stoffwechsel und Verdauungstrakt sind darauf ausgelegt, über mehrere Stunden am Tag Nahrung aufzunehmen, wobei das Pferd sich langsam vorwärtsbewegt. Und als Beutetier musste das Pferd in der Lage sein, auf einem funktionalen, gesunden Huf schnell flüchten zu können.
Ein Pferd, dass ständig diagonal Vor- und Hinterhand "schont", zeigt Schmerzen in den Hufen und im Rücken/Becken. Ein Vorderhuf wird vorgestellt, die diagonale Hinterhand auf der Zehenspitze abgestellt. Pferde, die dies im ständigen Wechsel machen, zeigen eine deutliche Tragkrafterschöpfung! Die Hufe sind auf Grund langer Zehen, untergeschobener Trachten und einem nicht mehr bodenparalellen Hufbein nicht mehr in der Lage, den Körper des Pferdes ermüdungsfrei zu tragen. Das Pferd braucht permanent Energie, um aufrecht zu bleiben, denn die passive Stehvorrichtung ist nur in Zusammenhang mit einem statisch unterstützenden Huf gegeben.(zur Vergrößerung auf Bild klicken)
Heute erwartet man, dass ein Pferd sich mit untergeschobenen Trachten, langer Zehe, Zwanghuf und/oder einem deformierten Huf, der den Körper nicht mehr optimal unterstützen kann, selbst trägt, perfekt biegt und je nach Bestreben des Reiters Hochleistungen erbringt.
Das ist aber nicht möglich! Denn mit Hufen, die die statische Funktion aufgrund mangelnder Hufbalance nicht mehr vollständig übernehmen können, läuft es sich nun mal schlecht.

Huf mit starkem Trachten- und Ballenzwang. Die Zehe ist nach vorne gezogen, die Seitenwände stehen steil, die Trachtenwände sind negativ nach innen gezogen und an der Tragfläche deutlich schmaler wie am Kronrand. Der Strahl ist stark komprimiert und schmal, die Ballen zusammengequetscht. Solche Hufe haben weder einen gesunden Hufmechanismus (Stoßdämpfung) noch können sie das Pferd unterstützen und ausreichend tragen.
Fangt endlich an nachzudenken und zu erkennen, dass diese Probleme ihre Ursache in der Aufzucht, den Haltungsbedingungen und vor allem - und das ist das schlimmste, denn hier haben wir am meisten die Möglichkeit, korrigierend einzugreifen - durch die angewandte Hufbearbeitung zustande kommen.
Mit untergeschobenen Trachten fehlt vor allem dem Fesselgelenk eine wichtige Unterstützung zur Gesunderhaltung der Gliedmaße – das Pferd muss sich über die Muskulatur von Schulter-/Beckengliedmaße auskompensieren. Lässt der Hufbearbeiter dann noch die Trachten "stehen" (in die Höhe und nach vorne wachsen/"Trachten züchten"), weil er den Unterschied zwischen einer zu langen, flachen Trachte zu einer natürlich kurzen, tragfähigen Trachte nicht kennt, wird es für die Pferde noch schlimmer und die vielen Sehnen- und vor allem Fesselringbandprobleme der heutigen Zeit sind das Ergebnis.

zu langer Huf mit langer, nach vorne gezogener Zehe, langen und flach nach vorne gewachsenen (untergeschobenen) Trachten. Einen solchen langovalen Huf auch noch mit einem Hintereisen zu beschlagen ist einfach nur armselig. Der Huf steht im Verhältnis zum Röhrbein zu weit vorne, die Trachten bieten der Fessel keine Unterstützung mehr. Dies führt zu einer Überstreckung des Fesselgelenkes, einer verstärkte Belastung der tiefen Beugesehne und dem Fesseltrageapparat und das Pferd benötigt einen vermehrten Kraftaufwand beim Beugen der Gliedmaße.
Die roten Markierungen zeigen, wo sich die Trachtenendkante und die Zehe befinden müssten. Würde man den Huf (über mehrere Bearbeitungsperioden) richtig korrigieren, könnte der Huf sich wieder aufrichten.
Ein Zwanghuf schränkt den Hufmechanismus und die Stoßdämpfung ein, was zu einem weiteren Festhalten des Fesselgelenkes über muskuläre Kompensationsmechanismen führt.
Eine steilstehende oder, sogar noch schlimmer, eine negativ eingezogene Hufwand bietet den Gliedmaßengelenken keine Unterstützung bei Belastung, was das Pferd ebenfalls auskompensieren muss.

Hinterhuf, der medio-lateral nicht ausbalanciert ist. Die äußere Hufwand ist negativ eingezogen, die Zehe zu lang nach vorne gewachsen und die innere Hufwand hebelt weg. Solche Hufe entstehen durch Denkfehler in der Hufbearbeitung.
Der Huf kann die Hinterhand und vor allem das Fesselgelenk nur schlecht unterstützen. Gerade in Wendungen ist das Pferd nicht in der Lage, die Hinterhand optimal unterzusetzen - denn der Huf befindet sich nicht mehr im Schwerpunkt der Gliedmaße!!
Wie bitte soll ein Pferd, dass sich solchermaßen muskulär festmachen muss, um sich nicht sofort die Gliedmaßen zu ruinieren, gleichzeitig „losgelassen“ untertreten? Es kann sich nur mit Einsatz von erhöhtem Energieaufwand „vorwärtsschieben“.
Leider gibt es dann auch viel zu wenige Reiter/Trainer/Reitmeister, die diese Zusammenhänge erkennen und erwarten von Pferden Leistungen, die diese aufgrund fehlerhaft gestellter Hufe gar nicht leisten können. Jeder redet von gymnastizieren und „pferdegerechtem“ Training und die wenigsten erkennen dabei die statischen und biologischen Zusammenhänge zwischen Huf, Gliedmaße und Körperhaltung. Viele Pferde leiden unter regelrechten Tragkrafterschöpfungen und werden dafür dann auch noch in widernatürlichen Haltungen ausgebunden oder geriegelt. Es ist erschreckend, was man auf den Reitplätzen sieht und ein Armutszeugnis für all in der Mitte der Reitbahn stehenden Gurus, denn viele scheinen nicht einmal zu wissen, wie ein Pferd aussieht, das sich selbst trägt und sich mit natürlich losgelassenem Raumgriff bewegt.

Dressurpferd, das sich wegen stark untergeschobener Trachten und langer Zehe an der Vorhand in eine rückständige und an der Hinterhand in eine vorständige Fehl- und Schonhaltung stellen muss (man achte auf die ebenfalls schlechte Bemuskelung). An der Vorhand erhöht sich dadurch der Druck auf die bereits separierte Zehenwand, was unweigerlich zu einer Hufbeinsenkung führt. Zudem kommt es zu einer Überlastung der tiefen Beugesehne und des Fesseltrageapparates. Die Tragkraft und der Vorwärtsschub der Hinterhand sind beeinträchtigt und nur über vermehrten Einsatz von Muskeltraft möglich. Die Trachten der Hinterhufe erfahren eine vermehrte Druckbelastung und es kommt zu einer starken Fehlbelastung des Fesseltrageapparates. Wegen immer wiederkehrender Lahmheiten (wen wundert das denn?!) wurde ein orthopädischer Beschlag aufgenagelt. Wann wacht ihr endlich auf?!? Hier wurde es über lange Zeit vom Hufbearbeiter versäumt, den Huf zu korrigieren und auszubalancieren!!

das selbe Pferd. Durch fehlerhafte Hufbearbeitung wird das Pferd in eine bodenenge, zehenenge Fehlhaltung gezwungen. Der hochgeschobene Kronrand der Innenwände zeigt, dass bei der Bearbeitung die Seitenwände wie die Trachten nicht ausbalanciert wurden. Und die Seitenkappen der Hintereisen (eine weit verbreitete Unsitte, diese auf Vorderhufe zu nageln, die man durch fehlerhafte Denkansätze bei der Bearbeitung immer weiter nach vorne wachsen lässt) lassen erkennen, dass die Eisen auch noch schräg nach innen gelegt wurden und somit die zehenenge Stellung verstärken. So schafft man es innerhalb weniger Bearbeitungs- und Beschlagsperioden, ein Pferd zu ruinieren.
Eine weitere traurige Tatsache ist, dass auch viele Therapeuten und Tierärzte diese Zusammenhänge und die damit verbundenen Probleme scheinbar nicht erkennen, aussprechen oder verstehen können/wollen. Noch armseliger ist, dass viele „Behandler“ keine Ahnung davon haben, dass sich deformierte Hufe, ob Zwanghuf, untergeschobene Trachten, lange Zehe, Imbalancen etc. korrigieren lassen.
Selbst in Anatomiebüchern/Lehrstätten wird alles aus dem Zusammenhang gerissen, es wird nur pauschal und oberflächlich gedacht. „Ohne Huf kein Pferd“ – und kaum einer macht sich dabei aber die Mühe, umzudenken: „die Hufe sind eben so, das Pferd hat eben so eine Stellung…“ Diese sehr bequeme Denkweise trägt nicht dazu bei, die Situation für die Pferde zu verbessern.
Scheinbar will niemand die eigene Komfortzone verlassen – auf Kosten der Pferde, aber Hauptsache, Geld damit verdient? Manchmal muss man sich fast schon fragen, ob es von manch einem Absicht ist, das Pferd in seinem „Drama“ festzuhalten, denn solange ist der Verdienst des Behandlers schließlich gesichert.

orthopädischer Beschlag (Wintervariante), der den hinteren Hufbereich unterstützen soll. Leider ist das Eisen viel zu weit vorne aufgenagelt worden - der Abrollpunkt des Hufes liegt nämlich genau eine Eisenbreite weiter hinten, ebenso die Trachten, die ja unterstützt werden sollen... Das das Eisen zur "Stellungskorrektur" (???) schräg aufgenagelt wurde, grenzt für mich an Tierquälerei, denn das Pferd ging bereits wenige Tage nach dem Beschlag lahm.
Durch einen Hufbeschlag, und schon gar nicht durch einen sogenannten „orthopädischen“ Beschlag, können Missstände, die durch unsere Haltungsbedingungen und unsachgemäße Hufbehandlung entstanden sind, „korrigiert“ werden.
die innere Trachte (links im Bild) ist höher als die äußere. Das A und O einer qualifizierten Hufbearbeitung sollte es sein, dass man in der Lage ist, den Huf und die Trachten auzubalancieren ...
Oberflächliches Denken und Handeln des Menschen sind Ursachen vieler Probleme in unserer Zeit.
Es gibt unzählige Hufbearbeitungstheorien und Bearbeitungsmethoden und alle beanspruchen ihre Richtigkeit (wieso laufen dann so viele Pferde auf deformierten, unbalancierten, kranken Hufen herum?) – dabei sollten doch zuerst das Pferd und sein Hufe im Vordergrund stehen und nicht die begrenzenden Ansichten des jeweiligen Hufbearbeiters.
Man sollte in der Lage sein, trotz des Wissens um den Huf und den jeweilig vorhandenen Mißständen, am Huf das zu korrigieren, was der Huf einem vorgibt anstatt nach einem erlernten und nicht ausreichend hinterfragten Schema-F zu arbeiten.
Vorderhuf, an dem nach dogmatischer Denkweise die Sohle wie der Strahl zu stark ausgeschnitten und damit übertrimmt wurden. Die weiße Linie wurde durch einschneiden einer Rinne saubergeputzt, um zu verhindern, dass Steinchen sich einsetzen - wo ist da die Logik? Der hohe Wandüberstand wurde zur "Abriebförderung" zusätzlich durch beraspeln der Außenwand ausgedünnt - auch das entbehrt jeder Logik. So kommt es zu massiven Über- und Fehlbelastungen der inneren Strukturen und Schmerzhaftigkeit der Hufkapsel.

die dabei innerhalb der Hufkapsel entstandenen Spannungen zeigen sich dann auch in einem unregelmäßigen Verlauf des Kronrandes. Der Huf wurde in eine stumpfe Form getrimmt, was das Pferd durch eine gebrochene Zehenachse ausgleichen muss. Das schräggestellte Röhrbein und die stark angespannten Sehnen machen deutlich, dass das Pferd die Belastung des Hufes durch hochziehen und festhalten des Fesselgelenkes vermeidet. Das ist das Problem dogmatischer Denkansätze - man verliert den Blick für das, was wirklich ist.
Der Huf ist von der Natur dazu geschaffen, sich an verschiedene Belastungsverhältnisse und Umweltbedingungen anzupassen. Deshalb verfügt er auch über eine große Rehabilitationsfähigkeit, die sich durch eine dogmafreie, qualifizierte Hufbearbeitung in Gang setzen lässt.
©Manu Volk
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